So bestimmen Sie String-Anzahl und String-Länge von Photovoltaik-Anlagen!
In Photovoltaikanlagen werden meistens mehrere Solarmodule zu sogenannten Strings zusammengeschaltet. Wer Bestandsanlagen in die technische Betriebsführung übernimmt, kennt das Problem von mangelhaften, unvollständigen oder fehlenden Anlagendokumentationen. Häufig gibt es keine detaillierten Informationen über die String-Anzahl und String-Länge. Um eine PV-Anlage technisch überwachen zu können, muss aber die Konfiguration der Anlage bekannt sein und im Monitoring-Portal hinterlegt werden. Ist die exakte Verschaltung der Photovoltaikmodule nicht bekannt, kann dies dazu führen, dass man Defekte wie z.B. Ausfälle von PV-Strings nicht bemerkt.
In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, wie Sie die Anzahl der an den Wechselrichtereingang parallel geschalteten PV-Strings und die Länge der PV-Strings bestimmen. Das können Sie machen, sobald die Daten aus der Anlagendokumentation in die Monitoring-Software eingepflegt wurden.
Verschaltung der PV-Module laut Anlagendokumentation
Die Anzahl der an den MPP-Trackern parallel geschalteten PV-Strings (String-Anzahl) kann über den DC-Strom am MPP-Tracker überprüft werden. Der Strom verhält sich proportional zur Einstrahlung und wird nur geringfügig von der Temperatur beeinflusst. Daher sollte an „Clear Sky“-Tagen etwa der Strom bei Maximalleistung IMPP (gemessen unter Standard Test Conditions, STC) erreicht werden. Der Strom wird bei mehreren parallel geschalteten PV-Strings einfach addiert. Sprich die String-Anzahl lässt sich durch einfache Division ermitteln.
Wussten Sie:
IMPP ist der Strom des Moduls am Maximum Power Point (MPP). An diesem Punkt produziert das Modul die maximale Menge an elektrischer Leistung für die aktuelle Einstrahlung. Sie können den IMPP normalerweise dem Moduldatenblatt entnehmen.
Die Anzahl der in Reihe geschalteten PV-Module pro PV-String lässt sich mittels der DC-Spannung am MPP-Tracker überprüfen. Die Spannung ist im Gegensatz zum Strom stark temperaturabhängig und nur geringfügig von der Einstrahlung. In den Morgenstunden, wenn der Strom noch sehr gering ist, sollte die Spannung etwa der Leerlaufspannung (UOC) entsprechen und mittags bei hoher Einstrahlung etwa der MPP-Spannung (UMPP). Die Anzahl der Module anhand der Messwerte festzulegen, ist allerdings deutlich schwieriger als die Anzahl der parallelgeschalteten PV-Strings.
Um besser darstellen zu können, wie Sie die String-Anzahl und -Länge Ihrer Photovoltaikanlage bestimmen können, zeigen wir Ihnen den Prozess anhand eines Beispiels. Wir betrachten dazu einen Wechselrichter mit zwei MPP-Trackern. Hier ist eine Konfiguration in der Anlagendokumentation eingetragen, die wir im Folgenden prüfen wollen:
Modultyp: Polykristalline 260 W Module
Anzahl und Aufteilung laut Anlagendokumentation
- MPP-Tracker A: 4 PV-Strings à 20 Module
- MPP-Tracker B: 1 PV-String à 16 Module
Daraus resultierende Gesamtanzahl der Module: 96
Hierbei werden wir davon ausgehen, dass die Gesamtanzahl der Module stimmt – die Dokumentation ist in dieser Hinsicht nur sehr selten fehlerhaft.
So berechnen Sie die String-Anzahl der parallel geschalteten PV-Strings!
In der folgenden Abbildung sehen Sie die DC-Stromverläufe von MPP A und MPP B. Es ist sofort zu erkennen, dass der Strom an MPP A ungefähr doppelt so hoch ist wie der an MPP B. Der Strom bei Standard Test Conditions (STC)laut Moduldatenblatt ist IMPP = 8,40A .
Um die Anzahl der PV-Strings zu bestimmen, sollten Sie zudem noch die maximalen DC-Stromwerte der MPP-Tracker betrachten:
Bei MPP B ist sofort zu erkennen, dass es sich um zwei parallel geschaltete PV-Strings handelt, da das Verhältnis zwischen Imax und IMPP fast genau eine ganze Zahl ist. Bei MPP A hingegen liegt das Ergebnis genau zwischen den Werten 3 und 4. Es ist allerdings von 4 Strings parallel auszugehen, da die gemessenen MPP-Stromwerte (5 min-Mittelwerte) bei 3 Strings deutlich über dem Strom bei Maximalleistung liegen würden. Derartige Abweichung in Richtung höherer Ströme sind fast ausgeschlossen, niedrigere Ströme können jedoch auftreten.
Das berechnete Ergebnis zeigt also, dass die in der Anlagendokumentation hinterlegte Anzahl an Strings von MPP B nicht richtig ist. Durch die Korrektur muss allerdings auch die Länge der PV-Strings (Anzahl der Module pro String) überprüft werden.
So berechnen Sie die Anzahl der in Reihe geschalteten PV-Module pro PV-String!
In der folgenden Abbildung sehen Sie den Spannungsverlauf und die Leistungskurven der beiden MPP-Tracker über den Tagesverlauf hinweg. Aus diesen Werten können Sie mit Hilfe der Leerlaufspannung und der Nenn-MPP-Spannung an den MPP-Trackern die Anzahl der Module für beide Strings berechnen
Nennspannung bei STC: UMPP = 31,25 V
Leerlaufspannung: UOC = 39,35 V
Um sich an die String-Anzahl der in Reihe geschalteten Module möglichst genau anzunähern, empfiehlt es sich, den möglichen Korridor sowohl aus der Leerlaufspannung als auch aus der MPP-Spannung zu errechnen.
Nennspannung bei STC-Bedingungen: UMPP = 31,25 V
Leerlaufspannung: UOC = 39,35 V
Um sich an die Anzahl der in Reihe geschalteten Module möglichst genau anzunähern empfiehlt es sich den möglichen Korridor sowohl aus der Leerlaufspannung als auch aus der MPP-Spannung zu errechnen.
Berechnung der Modulanzahl an MPP A
Hierbei ist UPmax die Spannung zum Zeitpunkt der maximalen Leistung im Tagesverlauf und UPmin die höchste Spannung, die morgens nach dem Einschalten auftritt. Wie oben erwähnt sollte UPmax etwa UMPP multipliziert mit der Stringlänge entsprechen und UPmin etwa UOC multipliziert mit der Stringlänge. Wir können also bei MPP A davon ausgehen, dass 16, 17 oder 18 Module angeschlossen sind.
Berechnung der Modulanzahl an MPP B
Bei MPP B können wir hingegen darauf schließen, dass 13, 14 oder 15 Module angeschlossen sind.
Wir konnten mittels der vorhandenen Spannungskurven die Anzahl der vorhandenen Module je String abschätzen. Anhand der Ergebnisse ist es uns aber noch nicht möglich, die exakte String-Länge zu bestimmen. Da wir die Gesamtanzahl der PV-Module mittlerweile jedoch wissen, können wir dieses Problem umgehen. Sollte diese nicht bekannt sein oder Zweifel an der Anzahl bestehen, müssen vor Ort Fotos von den Modulfeldern erstellt und die einzelnen Module ausgezählt werden.
An MPP B sind zwei Strings parallelgeschaltet. Es sind also folgende drei Verschaltungen möglich:
Variante 1: MPP-Tracker B mit 2 PV-Strings à 13 Module = 26 Module
Für MPP-Tracker A bleiben dann bei insgesamt aus der Anlagendokumentation angegebenen 96 Modulen noch 70 Module übrig. Da 70 aber nicht durch 4 teilbar ist und die PV-Strings an einem MPP-Tracker immer die gleiche Länge haben müssen, kommt diese Variante nicht in Frage.
Variante 2: MPP-Tracker B mit 2 PV-Strings à 14 Module = 28 Module
Für MPP-Tracker A bleiben dann bei 96 Modulen gesamt noch 68 Module übrig. Dies entspricht dann einer Verschaltung von 4 PV-Strings mit jeweils 17 Modulen.
Variante 3: MPP-Tracker B mit 2 PV-Strings à 15 Module = 30 Module
Für MPP-Tracker A bleiben dann bei 96 Modulen insgesamt noch 66 Module übrig. Da 66 aber nicht durch 4 teilbar ist und die PV-Strings an einem MPP-Tracker immer die gleiche Länge haben müssen, kommt diese Variante ebenfalls nicht in Frage.
Die einzige Variante, die technisch sinnvoll ist, ist somit Variante 2!
Testen Sie die errechneten Werte für String-Anzahl und -Länge im Monitoring
Nachdem die Änderungen in der Monitoring-Software eingepflegt sind, sollten Sie jetzt noch einmal die spezifische DC-Leistung der MPP-Tracker überprüfen.
Beide MPP-Tracker erreichen jetzt keine spezifischen Werte mehr größer Eins. Solche Werte größer Eins, also deutlich bessere als die STC, treten in unseren Regionen sehr selten auf und deuten meist auf eine falsche Konfiguration im Monitoring hin.
Die spezifische Leistung der beiden MPP-Tracker läuft aber immer noch nicht parallel. Wäre dies der Fall, kann man davon ausgehen, dass Ausrichtung und Neigung der beiden angeschlossenen Felder identisch sind. Die aktuellen Verläufe deuten aber darauf hin, dass sich die Ausrichtung und Neigung der Modulfelder von MPP A und MPP B unterscheiden. Dies zeigt, dass auch die Ausrichtung und Neigung der Module noch überprüft werden sollte.